Friedrich Pascoe - zum Spezialisten für Naturmedizin
Kapitel II: 1918-1930
Neubeginn mit bewährten Mitteln
Friedrich Pascoe erlebte das Ende des Ersten Weltkriegs im Elsass, in Pfastatt in der Nähe von Mülhausen, heute Mulhouse. Der Waffenstillstandsvertrag im Wald von Compiègne nördlich von Paris besiegelte am 11. November 1918 den militärischen Zusammenbruch des Deutschen Reichs. Zwei Tage zuvor, am 9. November 1918, hatte der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Republik ausgerufen und am 10. November Kaiser Wilhelm II. Berlin verlassen. Die Monarchie war am Ende und Deutschland musste als Verlierer des Kriegs Gebiete im Osten und Westen des Reichs abtreten. So fiel auch das Elsass, das nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zu Deutschland gekommen war, zurück an Frankreich. Unter dem Jubel der Bevölkerung marschierten französische Truppen in Städte wie Mülhausen ein.
Unter diesen Vorzeichen schien Friedrich Pascoe die Zukunft im Elsass ungewiss. Noch bevor der Landtag am 6. Dezember 1918 für den Anschluss von Elsass-Lothringen an Frankreich stimmte, verließ er Pfastatt. Bereits am 2. Dezember traf er nach fast 25 Jahren wieder in seiner Geburtsstadt Gießen ein, offenbar fest entschlossen, die Herstellung pharmazeutischer Produkte dort fortzuführen. Schon nach wenigen Monaten gründete er sein Unternehmen Pascoe & Co. chemisch-pharmazeutische Präparate. Die Produktion befand sich in der Liebigstraße 15, das Büro in der nahegelegenen Bahnhofstraße 54 I.
Friedrich Pascoe konzentrierte sich auf wenige Spezialitäten, die Marken ließ er gesetzlich schützen. Zum Angebot gehörten vor allem flüssige Arzneien auf Pflanzenbasis: Das als besonders magenverträglich beworbene Tussiflorin half gegen Bronchial- und Lungenleiden, Pascolat wirkte blutstillend und Vega konnte bei Migräne, Ohrensausen oder Menstruationsbeschwerden eingesetzt werden. Auch das 1896 entwickelte Pascossan war weiterhin im Programm. Zunächst zur Stärkung der Knochenbildung gedacht, empfahl Pascoe es nun vor allem für Kinder zur Behandlung chronischer Entzündungen an Hals und Gesicht sowie bei Vitaminmangel-Erscheinungen im Knochenbau. Palatol, eine Komposition reiner ätherischer Öle, eignete sich zur inneren Anwendung bei einem breiten Leidensspektrum: Von Magen-, Darm- und Gallenbeschwerden bis zu Grippe, Entzündungen und Rheuma. Auch gegen nervöse Störungen hatte Pascoe Arzneien im Sortiment, zum Beispiel das beruhigend wirkende Pasconal.
Eine Aktiengesellschaft für Arzneien und Liköre
Arzneien auf pflanzlicher Basis bildeten den Kern des Geschäfts, aber Friedrich Pascoe wollte seinen Kunden mehr bieten. Der Firmenname Pascoe & Co. deutete auf einen Kompagnon hin oder wurde dieser erst noch gesucht? Als das Unternehmen zu Beginn der 1920er Jahre in die Kapitalgesellschaft Pascoe & Duschl GmbH umgewandelt wurde, war jedenfalls der Kaufmann Gottfried Duschl aus Bad Nauheim beteiligt. Er gehörte auch im Juni 1923 zu den Gründern der Pascoe AG Fabrik chemisch-pharmazeutischer Produkte, die die Aktiven und Passiven der Pascoe & Duschl GmbH übernahm und neben pharmazeutischen Artikeln Liköre produzierte. Diese Erweiterung lag nahe: Eine Destillier- und Flaschenspülanlage, eine Fruchtmühle sowie eine Korkmaschine, die Pascoe für die Arzneimittel benötigte, eigneten sich auch für die Likörherstellung.
Während Gottfried Duschl und Friedrich Pascoe den Vorstand der Aktiengesellschaft bildeten, brachten weitere Gründungsmitglieder wie der Bankdirektor Fritz Munzinger, der Kaufmann Matthäus Selzer und Friedrichs jüngerer Bruder, der Ingenieur August Pascoe aus Wetzlar, Geld und Know-how ein. Im Aufsichtsrat saßen unter anderem Friedrich Pascoes Schwager, Justizrat Dr. Wilhelm Grünewald, sein Schwiegersohn, der Jurist Dr. Hansjörg Kohlbecher aus Saarbrücken, sowie der Arzt Dr. Albert Pflug aus Neustadt a. d. Haardt und der Fabrikant Christian Adalbert Kupferberg, dessen Großvater die bekannte gleichnamige Sektkellerei in Mainz gegründet hatte. Friedrich Pascoe nutzte familiäre Beziehungen, brachte vom Juristen bis zum Arzt vielfältige Kenntnisse zusammen und fand offenbar finanzkräftige Investoren.
Trotz der langen Abwesenheit hatte er in seiner Heimatstadt Gießen rasch gesellschaftlich Fuß gefasst. So gehörte er 1923 zu den Gründern des Gießener Schwimmvereins, für einige Jahre war er dessen Vorsitzender. Legendär sind die Erfolge seines Sohnes Fritz als Wasserballer und Brustschwimmer. Fritz Pascoe war Vizeeuropameister im Brustschwimmen und nach der Familienüberlieferung sogar für eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1928 in Amsterdam nominiert.
In wirtschaftlichen Turbulenzen
Die persönlichen Voraussetzungen schienen günstig, als Friedrich Pascoe 1923 mit der Likörproduktion begann, doch die Wirtschaft geriet immer mehr aus den Fugen. Das größte Problem war die anfangs schleichende, bald jedoch galoppierende Inflation. Als die Pascoe AG im Juni 1923 gegründet wurde, kostete ein US-Dollar bereits 110.000 Mark. Das Grundkapital der AG von 100 Millionen Mark war für das kleine Unternehmen bereits absurd hoch. Die Hyperinflation erreichte ihren Höhepunkt im November 1923, als für einen US-Dollar 4,2 Billionen Mark zu zahlen waren. Erst die Währungsreform im November 1923 und die Einführung der Reichsmark im August 1924 stabilisierten die wirtschaftliche Situation allmählich.
Die Pascoe AG verlegte ihren Sitz an den Burggraben 9 und produzierte Edel- und Fruchtliköre, Cherry Brandy, Weinbrände und Schnäpse, hatte aber auch Burgunder, Südweine sowie Vanillinzucker und Backpulver im Angebot. Viele Apotheker führten damals Vanillin und Backpulver als Nebenprodukte in ihrem Sortiment, zumal nachdem ihr Berufskollege Dr. Oetker mit ähnlichen Backmischungen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem der erfolgreichsten deutschen Unternehmer aufgestiegen war. Die Likörfabrik von Friedrich Pascoe fuhr in den Jahren 1924 und 1925 jedoch immer größere Verluste ein und scheiterte schließlich. Das Unternehmen musste am 17. Februar 1926 Konkurs eröffnen. Grundbesitz und Betriebsstätte der Firma im Burggraben 9 wurden im Juni an die Katholische Studentenverbindung Hasso-Rhenania verkauft.
Die Krise der Medizin als Chance
Friedrich Pascoe, inzwischen fast 60 Jahre alt, stand nur acht Jahre nach seiner Rückkehr nach Gießen wieder vor dem Nichts. Doch er ließ sich durch den Misserfolg nicht entmutigen. Aufmerksam verfolgte der Apotheker aktuelle Strömungen in der Medizin und sah Chancen, an seine Vorkriegsproduktion von Arzneien aus Heilpflanzen anzuknüpfen. Damit traf er einen Nerv der Zeit, denn seit Mitte der 1920er Jahre war in Deutschland immer häufiger von einer Krise der Medizin die Rede.
Die moderne Schulmedizin erzielte mit der Serumtherapie gegen Diphtherie und Tetanus sowie der antibakteriellen Salvarsantherapie gegen Syphilis unbestreitbare Erfolge, stand aber dennoch in der Kritik. Gelegentlich wirkten neu entwickelte Arzneimittel nicht wie erhofft, häufig traten unerwünschte Nebenwirkungen auf. Die naturwissenschaftliche Medizin sei zu „mechanistisch“, monierten Kritiker, auch Ärzte. Seit den Entdeckungen Rudolf Virchows (1821 - 1902), der mit der Zellularpathologie die Medizin revolutioniert hatte, richteten Ärzte ihren Blick vor allem auf einzelne Organe, um die Entstehung von Krankheiten zu verstehen. Die „Ganzheit“ des Menschen komme dabei jedoch zu kurz, fand zum Beispiel der Heidelberger Internist Ludolf von Krehl (1861 - 1937).
Er sprach sich dafür aus, den Patienten als „subjektive Persönlichkeit“ zu betrachten und auch die „irrationalen Seiten des Lebens“ in der Medizin zuzulassen. Aus der Krise der Medizin entwickelte sich eine Medizin in Bewegung, die einen rein naturwissenschaftlichen Ansatz ablehnte. Sie öffnete zugleich die Türen für neue Arzneimitteltherapien wie Homöopathie, Biochemie und Spagyrik. Sie entsprachen dem weit verbreiteten Bedürfnis nach natürlichen Heilmethoden. Für Friedrich Pascoe, der sich bereits in Hamburg mit der Naturmedizin beschäftigt hatte, bot dieser Trend ganz neue Perspektiven. 1927 eröffnete er in der Gießener Ludwigstraße 31 einen Betrieb zur Herstellung pharmazeutischer Produkte und fertigte seither homöopathische Arzneimittel.
«… Verdauungstee, welchen Sie mir kürzlich zugesendet haben, ist ausgezeichnet gut.» F. L. 1905
Samuel Hahnemann: Begründer der Homöopathie
Samuel Hahnemann ist bis heute einer der weltweit bekanntesten deutschen Ärzte. 1755 als Sohn eines Porzellanmalers in Meißen geboren, studierte er von 1775 bis 1777 in Leipzig und Wien Medizin. Unzufrieden mit den Behandlungsmethoden seiner Zeit, entwickelte er die zentralen Prinzipien seines ärztlichen Handelns: Die Ähnlichkeitsregel bei der Arzneiauswahl, die Potenzierung bei der Fertigung von Arzneien und die Arzneimittelprüfung am Gesunden, die er selbst 1790 mit dem berühmten Chinarindenversuch zur Therapie gegen Malaria begründet hatte. 1810 veröffentlichte Hahnemann im „Organon der rationellen Heilkunde“ seine Gesundheitslehre, bis heute die „Bibel der Homöopathie“.
1821 zog Samuel Hahnemann von Leipzig nach Köthen, um als Leibarzt des Herzogs Ferdinand von Anhalt-Köthen zu arbeiten. Hier wurde ihm das Recht zur Herstellung und Abgabe von Arzneien zugestanden, das seit alters her ausschließlich Apotheker hatten. Nachdem er 1835 die französische Malerin und Dichertin Mélanie d’Hervilly -Gohier (1800 -1878) in zweiter Ehe geheiratet hatte, zog er nach Paris und eröffnete dort mit seiner Frau eine homöopathische Praxis. Zu seinen Patienten gehörten unter anderem der Geigenvirtuose Niccolò Paganini und James de Rothschild, der führende Bankier Frankreichs. Samuel Hahnemann starb 1843 im Alter von 88 Jahren und wurde auf dem Friedhof Montparnasse bestattet. 1898 erfolgte die Umbettung auf den Pariser Prominentenfriedhof Père Lachaise.
„Lehmpastor“ Emanuel Felke: Wegbereiter der Komplexhomöopathie
Emanuel Felke (1856 -1926) übernahm nach dem Theologiestudium 1887 ein Pfarramt in Wuppertal. Aus dem Elternhaus mit der Homöopathie vertraut, setzte er 1890 in seiner Gemeinde erfolgreich ein homöopathisches Mittel gegen Diphtherie ein. Sein Ruf als Heiler folgte ihm in das niederrheinische Repelen bei Moers, wo er 1894 eine Pfarrstelle antrat. Hier gründeten seine Anhänger 1896 einen Homöopathieverein, der 1898 eine eigene Heilanstalt nach dem Vorbild des „Lehmdoktors“ Adolf Just errichtete. Felke kombinierte in seinen Kuren Wasseranwendungen, Licht- und Lufthütten mit einer speziellen Ernährung. Da er besonders häufig Lehmbäder, Lehmpackungen und Lehmumschläge anwendete, bekam er den Beinamen „Lehmpastor“.
1912 gab er die Pfarrstelle auf und praktizierte seither ausschließlich als Heiler. Seine bevorzugte Diagnosemethode war die vom ungarischen Arzt Ignaz von Péczely (1826 -1911) entwickelte Iridologie. Seine Anhänger gründeten Felke-Vereine und verbreiteten durch zahlreiche Publikationen sein Gesundheitsprogramm. Überregional bekannt wurde Felkes Heilkonzept allerdings auch durch einen 1909 wegen Kurpfuscherei gegen ihn angestrengten Prozess. Trotzdem war seine Heiltätigkeit von überragender Bedeutung für die wachsende Popularität naturheilkundlicher Therapien, der Komplexhomöopathie und der Irisdiagnose.
Vom Ähnlichkeitsprinzip Hahnemanns zur Komplexhomöopathie
Die von Samuel Hahnemann um 1800 begründete Homöopathie war in den späten 1920er Jahren bereits eine etablierte Richtung der Gesundheitslehre. Nach Hahnemann war eine Krankheit keine Störung einzelner Organe, sondern eine Störung der Lebenskraft, die mithilfe eines passenden homöopathischen Mittels beseitigt werden konnte. Hahnemann verfuhr dabei nach dem Ähnlichkeitsprinzip: Similia similibus curantur, Ähnliches mit Ähnlichem heilen. Geheilt werden konnte ein Patient demnach mit einer Arznei, die bei einem Gesunden ähnliche Krankheitssymptome hervorrief.
Regeln für die Herstellung homöopathischer Arzneien hatte Hahnemann selbst aufgestellt: Die aus pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Rohstoffen gewonnenen flüssigen oder pulverisierten Substanzen verdünnte er durch Verschüttelung und Verreibung. Diesen Prozess nannte er Potenzierung, denn nach seiner Auffassung wirkte das Arzneimittel weniger durch die Materie, sondern durch eine geistige Kraft, die Dynamis; je höher verdünnt, desto stärker wirkte die Arznei.
Ende des 19. Jahrhunderts begannen einige homöopathische Apotheker mit der industriellen Fertigung. Sie verkauften sogenannte Hausapotheken, unterstützten damit die Selbstmedikation und verbreiteten zudem mit einer Vielzahl von Publikationen die homöopathische Lehre. In der Weimarer Republik wurden Strömungen wie Homöopathie und Naturheilkunde als Teil der Lebensreformbewegung immer populärer und auch in der Wissenschaft akzeptierter; nicht zuletzt durch die Diskussionen über eine Krise in der Medizin. 1928 erhielt der homöopathisch arbeitende Arzt Ernst Bastanier (1870 - 1953) einen Lehrauftrag an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität.
Trotzdem ging Friedrich Pascoe mit der Entscheidung, homöopathische Arzneimittel herzustellen, ein Risiko ein. Schließlich konnte der Aufschwung alternativer Heilmethoden schnell enden und die Konkurrenz war stark. Außerdem verlegte Pascoe sich auf komplexhomöopathische Mittel, die selbst unter Homöopathen umstritten waren.
Die Komplexhomöopathie hat ihren Ursprung in Italien, wo der Turiner Geistliche und Laienheiler Gaudenzio Soleri Mitte des 19. Jahrhunderts 26 standardisierte Arzneimittel-komplexe entwickelte. Sein Neffe, der Arzt Giuseppe Belotti, perfektionierte dieses System und nannte es Komplexe Homöopathie. Für ihn galt das Prinzip: Complexa complexis curantur, Vielfältiges mit Vielfältigem heilen. Der Schweizer Pfarrer G. A.
Clerc übernahm Belottis Lehre und ließ im Homöopathischen Dispensatorium, einer gemeinnützigen Institution in Moteur-Travers, Komplexmittel herstellen. Auf ihrer Grundlage entwickelte auch der Repelener Pastor Emanuel Felke homöopathische Komplexmittel unter dessen Einfluss Friedrich Pascoe sich der Komplexhomöopathie zuwandte.
Friedrich Pascoe hatte den beliebten und überregional bekannten „Lehmpastor“ Felke während seiner Zeit in der Mülheimer Adler-Apotheke kennengelernt. Felke war ein Verfechter von Rohkost, Lufthütten, Licht-Luft-Bädern, Gymnastik, Wasser- und Lehmanwendungen. Er bestimmte eine Krankheit mithilfe der Augendiagnose, wonach sich alle Krankheitsprozesse durch Veränderungen der Regenbogenhaut oder Iris feststellen lassen, und verordnete zur Behandlung chronischer Krankheiten nach dem Vorbild des Schweizer Pfarrers G. A. Clerc homöopathische Komplexmittel.
Am Puls der Zeit: Biochemie, Alchemie, Schüssler-Salze und Spagyrik
Friedrich Pascoe rundete sein Arzneimittel-Sortiment durch weitere Produkte ab, die in den 1920er Jahren populär wurden, und begann, sich mit biochemischen und spagyrischen Methoden und Heilmitteln zu beschäftigen. Mittlerweile gab es etwa 800 ehrenamtliche Laienheiler, die sich der „Biochemie“ des Oldenburger Arztes Wilhelm Heinrich Schüssler (1821 - 1898) verschrieben hatten. Der um 1890 von Anhängern der Schüsslerschen Lehre gegründete Biochemische Bund Deutschlands hatte 1928 etwa 185.000 Mitglieder. Schüssler betrachtete Krankheiten als Störungen des menschlichen Mineralhaushalts, die Zufuhr anorganischer Stoffe sollte den Mangel an lebensnotwendigen Mineralien ausgleichen. In homöopathischer Zubereitung verabreichte er zwölf anorganische Salze als Heilmittel, darunter Chlornatrium, Kieselsäure und Fluorkalzium. Die Palette von Funktionsmitteln, die von einem seiner Anhänger um neun Ergänzungsmittel erweitert wurde, eignete sich zur Selbstmedikation.
Auch eine eigene Form der Spagyrik fand in den 1920er Jahren verstärkte Aufmerksamkeit. Sie basierte auf einem von dem italienischen Offizier und Politiker Cesare Mattei (1809 - 1896) um 1850 entwickelten Heilsystem, der Elektrohomöopathie. Danach resultierten alle Krankheiten aus Instabilitäten von Lymphe und Blut. Zur Therapie entwickelte Mattei Arzneien aus Pflanzen, deren vegetabilische Elektrizität er extrahierte. Die Bestandteile und die Zubereitung seiner Pflanzenarznei hielt er jedoch geheim. Es handelte sich wohl um ein Gärungs- und Destillationsverfahren, in dem Mineralsalze und metaphysische Kräfte eine bedeutende Rolle spielten. Dieser alchemistische Herstellungsprozess trägt in der Arzneimittelsparte den Namen spagyrisch. Theodor Krauß (1864 - 1924), ein Anhänger Matteis, brachte die spagyrischen Urtinkturen nach Deutschland, wo sie der Regensburger Apotheker Johannes Sonntag (1863 - 1945) vertrieb.
Obwohl homöopathische Ärzte die Elektrohomöopathie als „verwerflichen Geheimkram“ kritisierten, da bei der Herstellung der Arzneien homöopathische Grundprinzipien wie Potenzierung, Arzneimittelprüfung am Gesunden und die Ähnlichkeitsregel nicht beachtet wurden, hatte Friedrich Pascoe neben biochemischen und komplexhomöopathischen Produkten seit den späten 1920er Jahren auch spagyrische Arzneimittel im Sortiment. Mit diesen drei sehr verschiedenen, von der Schulmedizin abgelehnten und in der Homöopathie teilweise umstrittenen Therapierichtungen bekannte sich der Gießener Apotheker zur Vielfalt in der Arzneimittelbehandlung. Er sah die Chance, sich mit diesen alternativen Arzneien erfolgreich gegenüber den Produkten der chemisch-pharmazeutischen Großkonzerne in einem Nischensegment zu profilieren. Das Unternehmen nahm mit der neuen inhaltlichen Ausrichtung gerade wieder Fahrt auf, als Friedrich Pascoe am 23. Februar 1930 mit 63 Jahren starb.