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Endometriose – Wenn Zellen wandern

Von Helga Wiesmann
erstellt

Kurz erklärt

Wenn Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnlich ist, außerhalb der Gebärmutter zu wachsen beginnt, spricht man von einer Endometriose. Da Endometrioseherde ähnlich wie die Gebärmutterschleimhaut auf den hormonellen Rhythmus reagieren, kann es zu Schmerzen, Krämpfen und Blutungen kommen. Laut der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. tritt die Erkrankung bei 8 bis 15 Prozent aller Frauen zwischen Pubertät und Menopause auf. Damit ist sie die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung.

Formen der Endometriose

Wie die normale Gebärmutterschleimhaut verändert sich auch das Endometriosegewebe entsprechend dem Menstruationszyklus und seinen hormonellen Schwankungen. Dabei kann es zu Verklebungen, Verwachsungen, Narbenbildungen und Gewebeblutungen kommen. 

Die Einteilung der Erkrankung ist noch nicht einheitlich geregelt. Ein Modell (ICD-10) folgt den verschiedenen Ansiedelungsorten der Endometrioseherde:

Endometriose

  • der Gebärmutter
  • der Eierstöcke
  • der Eileiter 
  • des Beckenbauchfells
  • der Vaginascheidewand und der Vagina
  • des Darms
  • in einer Hautnarbe (z.B. Kaiserschnittnarbe)

Oder man spricht von der

  • Endometriosis genitalis interna (Endometriose-Herde innerhalb der Muskelschicht der Gebärmutter)
  • Endometriosis genitalis externa (Endometriose-Herde außerhalb des Uterus im kleinen Becken)
  • Endometriosis extragenitalis (sehr seltene Endometriose-Herde außerhalb des kleinen Beckens, zum Beispiel in Leber, Lunge oder Gehirn)

Weitere Klassifizierungen beziehen die Größe der Endometrioseherde, sowie die Tiefe ihrer Infiltration ins Gewebe und die Verwachsungen mit ein.

Meistens finden sich die Endometrioseherde am Bauchfell im kleinen Becken. Der Douglas-Raum, also der tiefste Punkt der Bauchhöhle, die Bänder zwischen Gebärmutter und Kreuzbein und die Eierstöcke sind oft betroffen. Die versprengte Gebärmutterschleimhaut kann sich aber im gesamten Bauchraum ansiedeln, auch im Bindegewebe zwischen Vagina und Darm sowie in den Organen selbst. 
So genannte Schokoladenzysten (Endometriome) in den Eierstöcken kommen zustande, weil Blut nicht abfließen kann. 

Es wird zwischen einer oberflächlichen peritonealen (= sich am Bauchfell befindend) und einer infiltrierenden Endometriose unterschieden, die in Harnblase, Darmwand oder auch in den Harnleiter einwachsen kann.

Die Ursachen der Entstehung einer Endometriose sind bislang noch immer nicht ganz geklärt. Die wahrscheinlichste Ursache scheint jedoch die „retrograde Menstruation“ zu sein. Dabei gelangt Menstruationsblut mit abgeschilferten Schleimhautzellen über die Eileiter in den freien Bauchraum, wo sich Zellen ansiedeln. Dadurch wird eine Entzündung mit Symptomen wie krampfartigen Schmerzen, vor allem während der Menstruation, verursacht.  

Eine andere Erklärungsmöglichkeit besteht darin, dass Schleimhautzellen durch winzige Öffnungen oder kleinste Verletzungen in die Muskelschichten der Gebärmutterwand gelangen und dort zu wuchern beginnen. Diese Endometriosis interna wird auch als Adenomyosis uteri bezeichnet. 

Wahrscheinlich ist ein Teil der Ursache auch genetisch. Denn es fällt auf, dass weibliche Verwandte ersten Grades von Frauen mit schwerer Endometriose ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko haben.

Frau liegt mir Decke im Bett, hat Prämenstruelles Syndrom

Was sind die Symptome?

Wenn sich Schmerzen während der Regelblutung erst über die Jahre entwickeln oder zunehmen, dann liegt es nahe, an die Endometriose zu denken. Dort, wo Endometrioseherde sind, treten die Symptome auf.

Symptome sind:

Da die Symptome sehr unterschiedlich sein können und auch je nach Frau die Beschwerden von leicht über mittel bis zu stark variieren, war die Endometriose lange Zeit eine Erkrankung, die kaum je als solche diagnostiziert wurde. Oft wurden Patientinnen schlichtweg nicht ernst genommen. Sie berichten von vielen Jahren mit Schmerzen, Symptomen und unzähligen Arztbesuchen. Die Diagnose der Erkrankung stellte dann einerseits eine Erleichterung dar. Doch eine ursächliche Behandlung bleibt schwierig und die Therapie muss auf lange Sicht und möglichst ganzheitlich angelegt werden, um die Beschwerden zu lindern.

Gibt es einen Endometriose Test?

Ein Speicheltest zur Früherkennung, der seit Anfang 2023 verfügbar ist, soll die Diagnose erleichtern. Er hat sich auch als vorwiegend sicher gezeigt: 97 Prozent der Endometriose-Fälle wurden in einer Studie richtig erkannt und es gab keine falsch-negativen Ergebnisse. Der Speicheltest ist allerdings sehr teuer und muss von der betroffenen Patientin selbst bezahlt werden. Von daher ist es fraglich, ob sich dieser Endo-Test durchsetzen wird.

Oft wird ein Endometriose-Test anderer Art vorgenommen: Die Patientin nimmt versuchsweise eine spezielle Anti-Baby-Pille ein. Wenn die Beschwerden dann verschwinden, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Endometriose vor. In diesem Fall ist der Endometriose Test bereits Teil der Therapie.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose beginnt im Anamnesegespräch. Berichtet die Frau von den typischen Endometriose-Beschwerden und Symptomen, und liegt zudem noch ein unerfüllter Kinderwunsch vor, wird die Ärztin weitere Untersuchungen anregen. Manchmal können auch in der Tastuntersuchung die Endometriome, aber auch Verwachsungen und Verklebungen der tief-infiltrierenden Endometriose aufgespürt werden oder sie fallen im Ultraschall auf. 

In einer Magnetresonanztomografie (MRT) kann das in die Tiefe wuchernde Gewebe manchmal erkannt werden. Doch oftmals sind die Endometrioseherde sehr klein und in der Bildgebung nicht zu sehen. Dann kommt eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) zur genauen Abklärung infrage, manchmal wird hier auch eine Gewebeprobe entnommen. Durch den minimal-invasiven Schnitt bei der Bauchspiegelung können bereits kleine Herde entfernt werden.

Wie sieht eine Behandlung aus?

Sie richtet sich nach der Intensität der Beschwerden und auch danach, ob ein Kinderwunsch vorliegt. Es gibt viele betroffene Frauen, die wenig Beschwerden haben und mit Schmerzmitteln während der Periode gut klarkommen. Wenn jedoch die chronischen Schmerzen zu einer großen Belastung führen, kommen verschiedene Möglichkeiten der Behandlung in Betracht.

Nach einer Operation, in der die Endometrioseherde entfernt wurden, lassen die Schmerzen in der Regel nach. Doch ganz sicher ist der Erfolg leider nicht. Das Gewebe kann wieder beginnen zu wuchern und dann stellen sich auch die Schmerzen an dieser Stelle wieder ein. Um dem vorzubeugen, wird meistens noch eine Hormontherapie angeregt.

Eine Therapie, die Operation, Hormontherapie und Schmerzmittel miteinander kombiniert, ist leider oft das Mittel der Wahl, wenn die Erkrankung schwerwiegend ist. Gegen die Schmerzen kommen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zum Einsatz.

Hormonell werden der Patientin kombinierte Hormonpräparate (hormonelle Verhütungsmittel, umgangssprachlich als Antibabypillen bezeichnet) verschrieben. Wenn diese kein gutes Ergebnis zutage fördern, wird ein Behandlungsversuch mit Arzneimitteln vorgenommen, die den Hormonhaushalt beeinflussen, wie Progestinen, GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten. Auch Danazol, ein Testosteronderivat, kann einen Versuch wert sein. Weil sie in den Hormonhaushalt eingreifen, haben diese Medikamente Nebenwirkungen. Wechseljahres-ähnliche Beschwerden, eine Abnahme der Knochendichte oder – im Fall von Danazol – die Entwicklung männlicher Merkmale können zu einer zusätzlichen Belastung führen.

Betroffene Frauen mit chronischen Schmerzen in einer Endometriose-Behandlung brauchen viel Geduld. Die Therapie ist langwierig und auch sehr belastend. Hinzu kommt die Ungewissheit darüber, ob der eingeschlagene Weg auch funktioniert.
 

Das Suchen nach der Ursache starker Schmerzen im Bereich der Gebärmutter, dann die Bauchspiegelung, operative Behandlung und hormonelle Therapie, die stete Einnahme von Schmerzmitteln setzen Betroffenen sehr zu. Stress ist hier sowieso allgegenwärtig. 
Es scheint zudem ein Zusammenhang zwischen der erhöhten Stress-Wahrnehmung der Betroffenen, dem Anstieg der Entzündungsparameter und damit auch der starken Schmerzen zu bestehen. Patientinnen profitieren im Umkehrschluss von konkreten Angeboten zur Stressbewältigung, die sie im Alltag umsetzen können. Der Kreislauf: starker entzündlicher Reiz – erhöhte Stresswahrnehmung kann durch den gezielten Umgang mit Stress durchbrochen werden. Dies führt oft zu einer Linderung der Schmerzen und vielleicht zu einer Reduzierung der nötigen Medikamente.
Regelmäßige Bewegung, Entspannungstechniken, Meditation, Massagen, Fangopackungen und auch Osteopathie, Yoga oder Pilates sind gute Maßnahmen, um den Stresslevel zu senken und dem Körper etwas Gutes zu tun.
 

Immer noch haftet der Endometriose ein gewisser Makel an. Patientinnen werden zuweilen noch als Hypochonder betrachtet, die „sich einfach nicht so anstellen sollen“. Dass die Krankheit das Leben von Betroffenen massiv beeinträchtigt, dringt erst seit einigen Jahren verbindlich in die gynäkologische Welt vor. Darum ist Eigeninitiative erforderlich. Lassen Sie sich nicht einreden, dass es ja so schlimm nicht sein kann. Es gibt inzwischen viele spezielle Endometriose-Sprechstunden, in denen Frauen mit ihren Symptomen ernstgenommen werden. 
Es empfiehlt sich zur Stützung der Endometriose-Diagnose das Führen eines Schmerztagebuches. Damit entsteht ein sicheres Gespür für die Krankheit. Das kann bei der Einstellung der medikamentösen Therapie hilfreich sein.

Ernährung bei Endometriose

Da es sich um eine entzündliche Krankheit handelt, können Patientinnen sich sehr gut selbst unterstützen, indem sie eine anti-entzündliche Ernährungsweise aufnehmen. Wenig Fleisch, keine Wurstwaren, wenig Milchprodukte und Weizen, dafür viel Obst und Gemüse aus der Region sollten den Speiseplan prägen. Gute, kaltgepresste, pflanzliche Öle statt tierischem Fett sowie frische Kräuter und Gewürze verfeinern die Mahlzeiten. Die regelmäßige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren in Form von fettem Seefisch oder als Ergänzung ist sinnvoll. Smoothies aus Gemüse und Obst schenken Vitalkraft und unterstützen den Körper im Säure-Basen-Haushalt.

Naturheilkunde und Endometriose

Naturheilkundliche Maßnahmen können eine gute Ergänzung zur medikamentösen Therapie darstellen. Es gibt Erfahrungen, dass eine Misteltherapie manchmal zu guten Ergebnissen führen kann.
Auch Zusammenhänge von Endometriose und oxidativem Stress wurden beschrieben. Deshalb ist es sinnvoll, einen möglichen Vitamin-Mangel durch Laborkontrollen auszuschließen bzw. zu beheben.  
Um die Unruhe, die durch den Stress ausgelöst werden kann, zu reduzieren und einen guten Schlaf zu finden, haben sich verschiedene Heilpflanzen wie Baldrian, Lavendel, Melisse, Hopfen, Rosenwurz und Passionsblume bewährt.

Schwangerschaft und Endometriose

Unerfüllter Kinderwunsch kann ein Symptom der Erkrankung sein. Wenn die Endometriose-Herde entfernt sind, kann der Wunsch allerdings in Erfüllung gehen, sofern die Eileiter frei sind. Ist das nicht der Fall, kommt eine In-Vitro-Fertilisation in Betracht. Die Eizelle wird außerhalb des Körpers befruchtet und dann direkt in die Gebärmutter eingesetzt. Während der Schwangerschaft ruhen die Symptome. Schwangerschaft und Geburt können komplikationslos verlaufen.

Krebsrisiko durch Endometriose

Endometriose ist eine gutartige Erkrankung. Sie geht nicht mit einem erhöhten Risiko für eine Krebserkrankung einher. Es ist in sehr seltenen Fällen möglich, dass sich aus einem Herd ein bösartiger Tumor entwickelt, dies betrifft dann meist die Eierstöcke. 
Manchmal tritt die Erkrankung im Zusammenhang mit bestimmten Krebserkrankungen auf. Dies ist allerdings nur eine Beobachtung in der medizinischen Welt. Wie sie einzuordnen ist, darüber besteht keine Klarheit und sie sollte keine Ängste schüren.

Ist Endometriosis heilbar?

Heilbar ist sie nicht, aber behandelbar. Auch nach einer Operation können die Wucherungen wieder beginnen und so ist es für viele Frauen ein Thema über Jahre und Jahrzehnte. Dabei gilt es herauszufinden, was der jeweiligen Patientin am besten gegen die Schmerzen hilft. Es können auch Akkupunktur oder andere alternative Schmerzbehandlungen gut sein. 

Nach den Wechseljahren, wenn die hormonellen Schwankungen der Vergangenheit angehören, bilden sich in den allermeisten Fällen die Herde zurück und die Schmerzen werden deutlich weniger.

Helga Wiesmann
Die Autorin Helga Wiesmann

Heilpraktikerin und Texterin.  In meiner Praxis in Saarbrücken arbeite ich in den Schwerpunkten Darmgesundheit und komplementäre Onkologie. Ich habe viel Freude daran, mich mit komplexen Gesundheitsthemen auseinander zu setzen und lege Wert darauf, diese gut lesbar zu verfassen. Schon immer haben mich Gesundheit und die Pflanzen am meisten fasziniert: Der menschliche Körper mit seinen Wundern und dem Streben nach Gleichgewicht, sowie die Gewächse am Wegesrand: ihre Signaturen, Inhaltsstoffe und Wirkweisen. Als Naturheilkundlerin und Texterin zu arbeiten, und dies in der Arbeit für Pascoe zusammenzufügen, macht großen Spaß. Und das spüren hoffentlich auch Sie. Mehr erfahren

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