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Naturmedizinischer Wirkstoff Beinwell

Beinwell
Wissenschaftlicher Name:Symphytum officinale
Familie: Raublattgewächse
Unterfamilie:Boraginoideae
Gattung:Beinwell
Trivialname(n) und Synonyme:Gemeiner Beinwell, Beinwell, Arznei-Beinwell, Beinwurz, Bienenkraut, Hasenlaub, Milchwurz, Schadheilwurzel, Schmalwurz, Schwarzwurz, Wallwurz, Komfrei, Wundallheil

Was ist Beinwell?

Der Beinwell ist eine Arzneipflanze, die zur Familie der Borretsch- bzw. Raublattgewächse (Boraginaceae) zählt. Die Bezeichnung officinale deutet auf die Verwendung als Heilpflanze hin, denn als Officin bezeichnete man den Werkraum der alten Apotheken. Im Gegensatz dazu ist der in unseren Gärten kultivierte Beinwell meist eine andere Art, nämlich Symphytum peregrinum. Dieser Name steht für den Beinwell, „der aus der Fremde kam“. Es handelt sich dabei um eine Kreuzung aus Symphytum officinale und einer kaukasischen Form, die über Kanada fast die ganze Welt als Kanadischer Beinwell oder Comfrey erobert hat. Diese Art ist aber sehr viel ärmer an den Wirkstoffen, die den Echten Beinwell so wertvoll für uns machen.

Was bedeuten die Namen Beinwell und Symphytum?

Dass es sich bei Symphytum um eine Arzneipflanze mit besonderem Bezug zum Knochensystem handelt, lässt sich schon aus seinem Namen entnehmen. Im alten Griechenland wurde er von den Ärzten „Symphyton“ genannt, was von dem Wort „symphyein“ herrührt. Das bedeutet so viel wie „zusammenwachsen“ und drückt die Wertschätzung gegenüber der Pflanze vor allem im Zusammenhang mit Verletzungen und Knochenbrüchen aus. Auch der deutsche Name Beinwell ist auf das altdeutsche Verb „wallen“ zurückzuführen, was so viel wie „zusammenwachsen“ bedeutet. Daher auch der früher und in manchen Gegenden auch heute noch gebräuchliche Name Wallkraut. Hildegard von Bingen nannte das Heilkraut Consolida. Consolidare bedeutet zusammenfügen. Diesen Namen trägt heute noch das Pflänzchen Sanikel, das die Heilige Hildegard als Consolida minor bezeichnete. Beiden Heilpflanzen ist ihr Gehalt an dem natürlichen Wirkstoff Allantoin gemein. 

Auch Namen wie „Solidago“, abgeleitet von solido, waren gebräuchlich. Heute wird allerdings die Goldrute als Solidago bezeichnet.

Woher nahmen unsere Vorfahren in der vorwissenschaftlichen Zeit das Wissen um die Heilwirkungen der Pflanzen? Die so genannten Signaturen der Pflanzen wurden als Hinweise genutzt. Im Falle des Beinwells ist es die Art, wie das Blatt mit dem Stängel verbunden ist: Die Blätter sind mit dem Stiel herablaufend fest verwachsen. Diese zusammenhaltende Kraft ließ sich aus Sicht der Signaturenlehre auf den Menschen übertragen – im Sinne der Kraft, etwas zusammenzufügen, was zusammengehört.

Wie sieht Beinwell aus und wo findet man ihn in der Natur?

Natürlicherweise kommen die Pflanzen fast in ganz Europa und in Sibirien vor. Sie wachsen am liebsten an feuchten Stellen, z.B. an Bach- oder Flussufern sowie auf Äckern und feuchten Wiesen. Die Pflanze wird bis zu einem Meter hoch und wächst als üppige Staude. Um den dicken und fleischigen Stängel reihen sich große, grobe lanzettliche Blätter. Sowohl Blätter als auch Stängel sind mit vielen spitzen und rauen Haaren besetzt. Das ist typisch für die meisten Vertreter der Raublattgewächse, zu denen auch Vergissmeinnicht und Borretsch gehören. Dank seiner hübschen glockenförmigen Blüten, welche wie Trauben herabhängen, ist Symphytum auch bei Insekten und als Gartenpflanze sehr beliebt, obwohl hier Zuchtformen verbreiteter sind als der Echte Beinwell.
Die Blütenfärbung ist meist violett, kann aber auch weiß-gelb sein. Unsere Vorfahren bezeichneten die Pflanzen mit den rot-violetten Blüten als Beinwellmännlein, die mit den gelblich-weißen Blüten als Beinwellweiblein.

Symphytum als Heilpflanze

Schon seit über 2000 Jahren findet Symphytum als Heilpflanze Anwendung. Dioskurides, der zwischen 40 bis 90 n. Chr. lebte, beschrieb ihn in seinem Lehrbuch „Materia medica“ als hilfreiches Kraut bei inneren Abszessen und äußerlich als Umschlag bei frischen offenen Wunden und Knochenbrüchen. 
Im Mittelalter nutzte die Volksmedizin die gesamte Pflanze, also alle Pflanzenteile: Wurzeln, Blätter, Stängel und Blüten. Die Anwendung erfolgte innerlich als Tee oder äußerlich in Form von Auflagen, Wickeln oder Umschlägen. Nicholas Culpeper (1616-1654), ein berühmter englischer Apotheker, Arzt und Astrologe, ließ in seinen Schriften verlauten, „dass der Beinwell eine solche Kraft zu heilen und zusammenzufügen habe, dass zerteilte Fleischstücke wieder zusammenwachsen, wenn man sie mit Beinwell in einem Topf kocht“. Nicht nur Culpeper, auch Hildegard von Bingen und Paracelsus verwendeten Beinwell zur Heilung von Knochenbrüchen, offenen Wunden und Geschwüren. Auch in der heutigen Zeit setzt man Beinwell bevorzugt bei Verletzungen, also Traumata, Entzündungen sowie Muskel- und Gelenkschmerzen ein.

Die Wurzel, die besonders wichtig für die Arzneimittelherstellung ist, wird in den Monaten März, April, Oktober und November gesammelt.

Interessante Inhaltsstoffe der Wurzeln und damit auch die wichtigsten Wirkstoffe sind Allantoin, Pyrrolizidin-Alkaloide, Gerbstoffe, Schleimstoffe und Asparagin. Allantoin ist ein besonders wertvoller Stoff. Er regt unter anderem die Zellregeneration an und wird deshalb zur Wundheilung und als Hautpflege in vielen Kosmetika eingesetzt. Allantoin kommt auch in der Rinde von Rosskastanien vor und in Weizenkeimen, aber Beinwell ist besonders reich an diesem Wirkstoff. Allantoin kann man zwar auch synthetisch herstellen, aber – wie so oft – hat sich der Wirkstoff aus der Natur als deutlich wirkungsvoller erwiesen. Das liegt wohl überwiegend daran, dass weitere Inhaltsstoffe, mit denen er gemeinsam vorkommt, die Wirkung unterstützen.

Die Wurzeln kommen heute frisch oder getrocknet vor allem als Wundheilmittel bei schlecht heilenden Wunden zum Einsatz. Man verwendet sie überwiegend in Form von Umschlägen und Breipackungen, aber es gibt auch Beinwell-Salben. Pyrrolizidinalkaloide gelten allerdings inzwischen als bedenkliche Wirkstoffe. Deshalb wird geraten, auf die hochdosierte innerliche Anwendung ganz zu verzichten und auch die äußerliche Anwendung auf 4 bis 6 Wochen pro Jahr zu beschränken.

Eine Ausnahme bildet die homöopathische Anwendung. Hierfür werden die frischen, vor der Blüte gesammelten Wurzeln zunächst homöopathisch aufbereitet. Damit werden die Wirkstoffe auch soweit verdünnt, dass keine bedenklichen Wirkungen zu erwarten sind. Symphytum in potenzierter Form ist ein wichtiger Inhaltsstoff in vielen homöopathischen Komplexmitteln, die zur Wundheilung anregen.

Quellenangaben & weiterführende Literatur

Bücher

  • Schilcher, H.: Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer. Elsevier GmbH, 5. Auflage 2016*
  • Hiller, K., Melzig, MF: Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, Sonderausgabe für Area Verlag GmbH 2007*
  • Madaus, G.: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Mediamed Verlag 1989 1938*
  • Fischer-Rizzi, S.: Medizin der Erde, Irisiana-Verlag 1994*

*: Bei Literatur: Erscheinungsjahr; bei Webseiten: Datum des letzten Abrufs

Der sprechende Wirkstoffkompass

Erfahren Sie mehr zum Beinwell in einem kurzen Clip mit Arzt und Apotheker Dr. Peter Reinhard.

Homöopathische Anwendung von Beinwell

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  • Knochenbrüchen
  • Verletzungen, Schwellungen
  • Schmerzen in Sehnen, Bändern, Knochenhaut
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Bitte beachten Sie: Alles, was die Gesundheit unterstützen kann, kann ihr auch schaden. Häufig ist das eine Frage der Dosis oder der Verträglichkeit mit anderen Arzneimitteln und möglicherweise bestehenden Grunderkrankungen. Dieses Wirkstoff-Porträt nennt nicht alle Eigenschaften, die bei der arzneilichen Anwendung beachtet werden müssen. Lassen Sie sich daher über mögliche Neben- und Wechselwirkungen von Ihrem Arzt, Heilpraktiker oder Apotheker beraten und lesen Sie die Packungsbeilagen von Arzneimitteln.

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